Thomas Müller, Dr. iur., Rechtsberatung
Lässt sich mit einer Generalvollmacht die Kesb fernhalten?
Frage: Im Hinblick auf das Alter und auf eine mögliche Demenz haben meine Frau und ich uns gegenseitig eine notariell beglaubigte Generalvollmacht erteilt. Beide sind somit berechtigt, den anderen in allen Belangen rechtsgültig zu vertreten. Zudem verfügen wir über gemeinsame Bankkonten, auf die jeder allein Zugriff hat. Genügt das, um zu verhindern, dass sich der Staat einschaltet, wenn einer von uns an Demenz erkrankt?
Antwort: Ihre Vorkehrungen reichen in vielen Fällen aus, aber nicht in allen. Sicherer wäre es, sich gegenseitig einen Vorsorgeauftrag zu erteilen, und zwar aus folgenden Gründen: Unternehmen sind nicht verpflichtet, eine Generalvollmacht zu akzeptieren, auch dann nicht, wenn sie notariell beglaubigt ist. Die meisten Banken etwa anerkennen nur Vollmachten auf ihrem eigenen Formular. In Ihrem Fall ist das zwar weniger ein Problem, weil Sie zusammen mit Ihrer Ehefrau über gemeinsame Konten verfügen, auf die beide unabhängig voneinander zugreifen können. Es fragt sich aber dennoch, wie die Banken reagieren würden, falls sie von der Urteilsunfähigkeit eines der Ehegatten erführen. Wahrscheinlich würden sie für gewisse Geschäfte einen Vorsorgeauftrag verlangen, den die demenzkranke Person nicht mehr erteilen könnte. Somit käme der urteilsfähige Partner kaum darum herum, die Kindes- und Erwachsenenschutzbehörde (Kesb) zu benachrichtigen – trotz Generalvollmacht. Bitte beachten Sie ausserdem, dass für bestimmte Rechtsgeschäfte wie Schenkungen oder Grundstückverkäufe eine Generalvollmacht schon von Gesetztes wegen nicht genügt.
Ein Vorsorgeauftrag zu errichten, ist keine Hexerei. Damit können Sie eine beliebige Person beauftragen, sich um Ihre persönlichen und finanziellen Angelegenheiten zu kümmern, falls Sie wegen fortgeschrittenen Alters, eines Unfalls oder einer schweren Erkrankung dazu selber nicht mehr in der Lage sind. Es empfiehlt sich auch, einen Ersatzbeauftragten zu bestimmen für den Fall, dass die ausgewählte Person den Auftrag nicht ausführen will oder kann. Und ganz wichtig: Der Vorsorgeauftrag muss – wie ein Testament – von A bis Z handschriftlich verfasst, datiert und unterzeichnet werden.
Thomas Müller, Dr. iur.
Niederneunforn TG
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