Thomas Müller, Dr. iur., Rechtsberatung
Haftet der Reiseveranstalter für den Sturz vom Kamel?
Frage: In den Weihnachtsferien waren wir auf einer Afrikareise, die nebst Flügen und Hotels auch einen Kamelritt einschloss. Bei der Instruktion für diesen Ritt gab der Kameltreiber ein paar Erklärungen ab und zeigte uns, wie man auf ein sitzendes Kamel aufsteigt. Dann entfernte er sich, um anderen Touristen zu helfen. Als mein Mann aufsteigen wollte, erhob sich das Kamel plötzlich, sodass er auf halber Höhe abspringen musste. Dabei verstauchte er sich den Knöchel, was zwei Arztbesuche und mehrere Tage Immobilität zur Folge hatte. Der Reiseveranstalter weigert sich nun, die Arztkosten zu übernehmen und uns für die vertanen Ferientage zu entschädigen. Begründung: Er kenne den Kameltreiber nicht, und seine Haftung sei in den Allgemeinen Geschäftsbedingungen ausgeschlossen. Haben wir trotzdem Anspruch auf Schadenersatz?
Antwort: Ja, zumindest für die Arztkosten. Der Reiseveranstalter muss dafür sorgen, dass seine Kunden die versprochenen Leistungen gefahrlos und unfallfrei in Anspruch nehmen können. Er haftet für alle Schäden, die auf ein Handeln oder Unterlassen von ihm selber oder seiner Leistungsträger zurückzuführen sind. Zu den Leistungsträgern gehört in diesem Fall auch der Kameltreiber. Die Frage ist, ob ihm eine Pflichtverletzung vorzuwerfen ist, weil er wegging, während Ihr Mann aufsteigen wollte.
Aus meiner Sicht ist die Frage zu bejahen: Der Kameltreiber hätte dafür sorgen müssen, dass sich das Kamel nicht zu früh erhebt. Gerade bei mitteleuropäischen Touristen, die im Umgang mit Kamelen ungeübt sind, müsste der Vorgang des Aufsteigens überwacht werden, bis der Tourist sicher auf dem Tier sitzt. Wenn der Kameltreiber den Gast einfach seinem Schicksal überlässt, verletzt er seine Sorgfaltspflicht, was der Reiseveranstalter zu verantworten hat. In diesem Sinn hat das Oberlandesgericht Koblenz (DE) schon 2013 entschieden. Hierzulande gibt es soweit ersichtlich keine vergleichbaren Urteile.
Ob der Veranstalter den Kameltreiber kennt oder nicht, spielt keine Rolle. Auch der Haftungsausschluss im Kleingedruckten ändert nichts, denn das Pauschalreisegesetz verbietet es, die Haftung für Personenschäden zu beschränken. Falls Sie über eine Unfall- oder eine Reisezwischenfallversicherung verfügen, empfehle ich Ihnen, den Schaden auch dort anzumelden.
Weniger aussichtsreich ist die Rechtslage bezüglich des Feriengenusses, der Ihnen durch den Unfall entgangen ist. Das Bundesgericht hat schon vor längerer Zeit entschieden, dass dafür in der Schweiz (anders als in der EU) keine Entschädigung zu leisten ist.
Thomas Müller, Dr. iur.
Niederneunforn TG
Tel. 043 535 00 00
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